Kurz gesagt: Ein Cannabis-Entzug ist meist leichter als bei Alkohol oder Opiaten, kann aber dennoch stark belasten – vor allem psychisch. Viele Betroffene berichten über Reizbarkeit, Schlafprobleme, Unruhe oder depressive Verstimmungen, vergleichbar mit einem schlechten Jetlag. Die ersten Symptome setzen meist 1–3 Tage nach dem letzten Konsum ein, erreichen ihren Höhepunkt zwischen Tag 3 und 6 und klingen nach zwei bis drei Wochen wieder ab. Wichtig: Es gibt zahlreiche Hilfsangebote – von Online-Programmen über anonyme Beratung bis hin zu stationären Therapien. Du musst den Weg aus der Abhängigkeit nicht alleine finden.
Lange Zeit galt Cannabis nicht als Substanz, die körperliche und psychische Entzugserscheinungen auslösen könne. Erst in den 1990er-Jahren wurde erstmals systematisch beschrieben, was viele Konsumierende längst erlebten: Reizbarkeit, Angst, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, körperliches Unwohlsein – Symptome, die innerhalb weniger Tage nach dem Absetzen auftreten und für viele Betroffene sehr belastend sein können. Inzwischen ist das sogenannte Cannabis-Entzugssyndrom eine anerkannte psychische Störungen.
Wie häufig dieses Symptom auftritt? Eine Meta-Analyse lieferte 2020 hierzu eindrucksvolle Zahlen. Die Forschenden werteten 47 Studien mit insgesamt über 23.500 Teilnehmenden aus. Ihr Ergebnis: Fast jede:r Zweite (47 %) mit regelmäßigem oder abhängigem Cannabiskonsum erlebt nach dem Absetzen Symptome des Cannabis-Entzugs. Besonders häufig ist das in stationären Behandlungssettings (87 %) zu beobachten, weniger häufig in der Allgemeinbevölkerung (17 %). Und es trifft vor allem Menschen, die täglich kiffen und zusätzlich Tabak oder andere Drogen konsumieren.
Cannabis-Entzug: Symptome der Abhängigkeit
Die Meta-Analyse zeigt auch: Nicht jede:r erlebt den Cannabis-Entzug gleich. Während einige nur milde Irritationen verspüren, durchlaufen andere eine spürbar belastende Phase. Manche Symptome treten einzeln auf, andere in Kombination – ihre Intensität ist individuell verschieden. Am häufigsten berichten Betroffene über folgende Symptome:
- Reizbarkeit, Aggressivität, schlechte Laune
- Angst, Nervosität, innere Unruhe
- Schlafprobleme: Einschlaf- und Durchschlafstörungen
- Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust
- Depressive Stimmung
- Magen-Darm-Beschwerden
- Kopfschmerzen
- Schwitzen
Entzug verläuft nicht bei allen gleich
Die Symptome des Cannabis-Entzugs zeigen sich in verschiedenen Mustern. Manche erleben einen plötzlichen Höhepunkt zwischen Tag zwei und sechs (Typ A), andere eher ein langsames Abklingen (Typ B). Diese Unterschiede hängen laut einer Studie aus 2017 mit dem vorherigen Konsumverhalten, individuellen Faktoren, genetischen Anlagen und möglicherweise auch der verwendeten Cannabissorte zusammen.
Auffällig: Frauen berichten häufiger über körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Studie legt nahe, dass das Cannabis-Entzugssyndrom bei Frauen nicht nur anders erlebt, sondern auch intensiver empfunden wird. Die Meta-Analyse aus 2020 wiederum zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen Männern und Frauen – ein Hinweis auf die große individuelle Bandbreite.
Der lange Schatten des Rückfalls
Viele Betroffene berichten, dass der Wunsch, dem unangenehmen Zustand zu entkommen, sie wieder zum Konsum treibt. Ein Teufelskreis. Wer konsumiert, um Entzugssymptome zu lindern, zementiert die Abhängigkeit. Das ist einer der Gründe, warum der Entzug ernst genommen werden sollte. Denn er kann zum Rückfall führen – nicht nur psychologisch, sondern auch neurobiologisch motiviert.
Übrigens: Wer mehr über die psychologischen und gesellschaftlichen Hintergründe von Cannabisabhängigkeit erfahren möchte, findet dazu bei uns auch einen ausführlichen Artikel über die Mechanismen und Symptome der Cannabis-Sucht.

Was passiert beim Entzug von Cannabis im Gehirn?
Die Ursachen liegen – wie so oft – im Zusammenspiel von Neurobiologie und Verhalten. THC, der psychoaktive Hauptwirkstoff von Cannabis, wirkt über die Cannabinoid-Rezeptoren (CB1) im Gehirn. Bei regelmäßigem Konsum gewöhnt sich das Gehirn an die ständige Reizung: Die Rezeptoren werden herunterreguliert, die natürliche Balance des Endocannabinoid-Systems gerät aus dem Gleichgewicht.
Eine Studie aus 2017 beschreibt diesen Prozess detailliert: Bereits zwei Tage nach dem letzten Konsum beginnt die Reaktivierung der CB1-Rezeptoren, doch es dauert bis zu vier Wochen, bis sich das System vollständig erholt hat. Diese Phase kann von Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen und Reizbarkeit geprägt sein – typische Symptome des CWS.
Interessant ist dabei: Die körperliche Abhängigkeit von Cannabis ist in ihrer Ausprägung eher leicht bis moderat. Das bedeutet aber nicht, dass die Betroffenen nicht leiden – im Gegenteil. Gerade weil der Entzug nicht spektakulär verläuft (keine Krampfanfälle wie beim Alkohol, keine körperlichen Schmerzen wie bei Opiaten), wird er oft nicht ernst genommen. Dabei ist er für viele eine echte Hürde auf dem Weg zum Aufhören.
Cannabis-Sucht: Wie schwer ist ein Entzug?
Im Vergleich zu Alkohol oder Heroin verläuft ein Cannabis-Entzug milder. Aber er kann trotzdem sehr unangenehm sein – vor allem psychisch. Manche berichten von einem Gefühl, als hätte man einen richtig miesen Jetlag oder hänge „in der Luft“. In schweren Fällen ähnelt das Erleben laut Studien einer mittelschweren Depression. Besonders hart kann der Entzug für Menschen sein, die lange und viel konsumiert haben oder zusätzlich psychische Probleme haben.

Cannabis-Entzug: Dauer und Ablauf
Studien zeigen: Die Symptome treten meist ein bis drei Tage nach dem letzten Joint auf. Der Höhepunkt ist meist am dritten bis sechsten Tag, danach klingen die Beschwerden langsam ab. Nach zwei bis drei Wochen fühlen sich viele deutlich besser. Die Entzugssymptome verlaufen dabei unterschiedlich: Manche erleben eine Art „Gipfel“ mit starker Ausprägung, andere ein langsames Abflauen.
In den meisten Fällen reicht eine ambulante Behandlung. Das bedeutet: ärztliche Beratung, Gespräche in der Suchtberatung, Verhaltenstherapie. Auch Bewegung, feste Tagesstruktur, guter Schlaf und Stressreduktion helfen.
In schweren Fällen – etwa bei starken psychischen Beschwerden oder wenn der Entzug allein nicht zu schaffen ist – kann eine stationäre Behandlung sinnvoll sein. Das nennt sich in Deutschland „qualifizierter Entzug“ und wird in spezialisierten Kliniken angeboten.
Gibt es Medikamente, die beim Cannabis-Entzug helfen?
Offiziell zugelassene Medikamente gibt es bisher nicht. Es gibt aber erste Studien mit positiven Ergebnissen:
- Gabapentin könnte helfen, Symptome zu lindern
- THC-Analoga wie Dronabinol oder Nabiximols könnten Reizbarkeit und Schlafprobleme reduzieren
Eine besonders interessante Erkenntnis: Sport und begleitende Therapien wie Verhaltenstherapie oder achtsamkeitsbasierte Verfahren sind oft wirksamer als Medikamente – vor allem im Hinblick auf Rückfallprävention.

Praktischer Leitfaden für Betroffene: Wege aus der Cannabis-Abhängigkeit
Nicht jede:r, der:die konsumiert, ist abhängig. Und nicht jeder Ausstieg muss dramatisch verlaufen. Doch wenn der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben wächst, wenn der Konsum zur Belastung wird – dann ist es Zeit, genauer hinzuschauen. Wir packen an dieser Stelle die Theorie kurz beiseite. Denn dieser Leitfaden richtet sich an Menschen, die ihren Konsum aktiv reflektieren oder beenden möchten.
1. Den eigenen Cannabis-Konsum verstehen
Bevor der Ausstieg beginnt, lohnt sich ein ehrlicher Blick auf das eigene Verhalten:
- Wie oft konsumiere ich?
- In welchen Situationen greife ich zu Cannabis?
- Was verspreche ich mir davon – Entspannung, Schlaf, Flucht?
Ein Konsumtagebuch über eine oder zwei Wochen kann helfen, Muster zu erkennen. Kostenlose Tools wie quit the shit von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bieten digitale Begleitung.
2. Ziele setzen – realistisch und machbar
Nicht jeder muss sofort komplett aufhören. Ein erster Schritt kann sein:
- Konsumtage festzulegen („nur am Wochenende“)
- die Menge zu reduzieren
- weniger potente Sorten zu wählen
- auf Mischkonsum mit Tabak oder Alkohol zu verzichten
3. Den Entzug vorbereiten
Wer täglich konsumiert, sollte sich auf mögliche Entzugserscheinungen einstellen (siehe oben). Hilfreich sind:
- ein freies Wochenende für die ersten Tage
- Unterstützung durch Partner:innen oder Freund:innen
- eine klare Tagesstruktur (z. B. feste Mahlzeiten, Schlafenszeiten, Bewegungseinheiten)
- vorgesorgte Ablenkung (Filme, Spaziergänge, Aufgaben)
Viele erleben die ersten drei bis sieben Tage als besonders herausfordernd. Danach wird es leichter.
4. Professionelle Hilfe – wann und wo?
Manche finden den Weg aus dem Cannabis-Konsum allein. Andere brauchen Unterstützung – und das ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke und Selbstfürsorge. Wenn du Hilfe suchst, bist du nicht allein: Auf drugcom.de, einem Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), bekommst du anonyme und kostenlose Beratung. Auch die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar – unter 0800 111 0 111.
In deiner Nähe findest du Unterstützung über das Suchthilfeverzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) – einfach Postleitzahl eingeben und passende Anlaufstellen anzeigen lassen.
Bei starken Entzugserscheinungen oder psychischen Begleiterkrankungen kann auch der Hausarzt oder die Hausärztin weiterhelfen und eine stationäre Entgiftung in die Wege leiten. Langfristige ambulante oder stationäre Therapien werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung oder Rentenversicherung übernommen.
5. Krisen bewältigen – Rückfälle verstehen
Ein Rückfall ist kein Scheitern. Er ist ein Signal. Vielleicht war der Zeitpunkt nicht ideal, der Stress zu groß, die Unterstützung zu wenig. Entscheidend ist:
- Analysieren: Was hat zum Rückfall geführt?
- Anpassen: Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?
- Weitermachen: Rückschritte gehören zum Prozess.
Tipp: "Rückfall-Tagebücher" helfen, Auslöser frühzeitig zu erkennen und neue Strategien zu entwickeln.
6. Stabil bleiben – langfristig unabhängig leben
Nach dem Entzug beginnt die Phase der Stabilisierung. Hier helfen:
- Bewegung (besonders Ausdauer- und Kraftsport)
- Struktur im Alltag
- kreative Hobbys (Musik, Schreiben, Kochen, Handwerk)
- soziale Einbindung – neue Kontakte, neue Routinen
Und: Geduld. Es kann Wochen oder Monate dauern, bis sich das Belohnungssystem des Gehirns reguliert hat. Doch viele berichten schon nach kurzer Zeit über mehr Energie, Klarheit und emotionale Stabilität.
Ein gesellschaftlich verdrängtes Syndrom
Der Cannabis-Entzug ist kein Randphänomen. Er betrifft Millionen Menschen weltweit – viele davon jung, gesundheitlich gefährdet und mit einer hohen Rückfallquote. Die aktuelle Forschung zeigt: CWS ist real, relevant und behandelbar. Doch dafür braucht es mehr Bewusstsein, mehr Diagnostik, mehr Fortbildung – und weniger Verharmlosung.
FAQ
Wie lange nach dem letzten Konsum von Cannabis bekomme ich Cannabis-Entzugserscheinungen und wie lange bleiben sie?
Studien zeigen: Die ersten Symptome treten meist innerhalb von 1 bis 3 Tagen nach dem letzten Konsum auf. Der Höhepunkt liegt zwischen Tag 3 und 6. Die akuten Beschwerden dauern in der Regel 1 bis 3 Wochen. Auf neurobiologischer Ebene normalisieren sich die CB1-Rezeptoren im Gehirn nach etwa 4 Wochen. Bei einigen Betroffenen können psychische Symptome wie Schlafprobleme oder Craving auch länger anhalten, insbesondere durch das sogenannte Suchtgedächtnis.
Wann sind die schlimmsten Tage beim Cannabisentzug?
Die intensivsten Entzugsbeschwerden treten meist zwischen dem 3. und 6. Tag nach dem letzten Konsum auf. In dieser Phase erleben viele Betroffene besonders stark ausgeprägte Symptome wie innere Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Craving. Danach beginnen die Beschwerden in der Regel allmählich abzuklingen. Studien bestätigen diesen typischen Verlauf.
Kann CBD bei Cannabisentzug helfen?
Eine Fallstudie zeigt, dass CBD Entzugssymptome lindern könnte – etwa Angst oder Unruhe.
Abhängigkeit von Cannabis: Wie kann ich mit dem Kiffen aufhören?
Der erste Schritt ist oft die Entscheidung, den eigenen Konsum ehrlich zu reflektieren – zum Beispiel mit einem Konsumtagebuch, in dem du notierst, wann, wie viel und warum du konsumierst. Danach helfen konkrete Veränderungen im Alltag: feste konsumfreie Tage, Rituale ersetzen, Sport treiben oder soziale Kontakte stärken. Unterstützung gibt es auch professionell – etwa durch Suchtberatungsstellen, ambulante Therapien oder Online-Programme wie quit the shit . Wer unter starkem Craving, psychischen Belastungen oder wiederholten Rückfällen leidet, kann auch über einen klinischen Entzug nachdenken. Wichtig: Du musst den Weg nicht allein gehen. Der Ausstieg aus der Cannabis-Abhängigkeit ist möglich – Schritt für Schritt, mit Rückhalt und Geduld.
Wie lange dauert ein Cannabis-Entzug in der Klinik?
Ein vollständiger Cannabis-Entzug – inklusive körperlicher Entgiftung und psychischer Entwöhnung – dauert in der Regel mindestens vier Wochen. Wenn zusätzlich andere Substanzen im Spiel sind oder begleitende psychische Erkrankungen behandelt werden müssen, kann sich die Behandlungsdauer entsprechend verlängern. In solchen Fällen ist oft ein individuell angepasstes, längerfristiges Therapieprogramm sinnvoll.